Autor: Anderl Hartmann | 02. Februar 2024

Wettkampf-Skibergsteigen: Die steile Spur in den Olymp

Skibergsteigen Bundestrainer Max Wittwer reist mit seiner Nationalmannschaft von Weltcup zu Weltcup, kreuz und quer durch die Berge Europas. An diesem Wochenende hält der Bus des Deutschen Alpenvereins in Boi Taüll, hoch oben in den spanischen Pyrenäen. Mit den Disziplinen Sprint und Mixed Relay stehen die beiden olympischen Formate am Programm dieser dritten von insgesamt sieben Weltcup-Stationen. Über ein Wettkampf-Wochenende mit dem Skimo Team Germany und das Skibergsteigen im Zeichen der fünf Ringe.

Skibergsteigen Bundestrainer Max Wittwer reist mit seiner Nationalmannschaft von Weltcup zu Weltcup, kreuz und quer durch die Berge Europas. An diesem Wochenende hält der Bus des Deutschen Alpenvereins in Boi Taüll, hoch oben in den spanischen Pyrenäen. Mit den Disziplinen Sprint und Mixed Relay stehen die beiden olympischen Formate am Programm dieser dritten von insgesamt sieben Weltcup-Stationen. Über ein Wettkampf-Wochenende mit dem Skimo Team Germany und das Skibergsteigen im Zeichen der fünf Ringe.

Ein Donnerstag im Januar: die Abendsonne taucht die Pyrenäen in ein goldenes Licht. Zum Ausklang eines Reisetages marschieren die deutschen Athlet:innen in Richtung Cap de les Raspes Roies, einer der höchsten Erhebungen der Gegend. Vor der Abfahrt schweift der Blick in die Ferne. Das Nebelmeer über dem spanischen Flachland auf der einen Seite, die schroffen Granit-Gipfel auf der anderen. Momente der Ruhe vor dem Rennwochenende. Bergmomente, die auch für die Profis besonders sind.

Freitag, Trainingstag beim ISMF Skimountaineering Worldcup

Auf eine Stunde individuelles Programm folgt jetzt gemeinsames Techniktraining. Bundestrainer Max Wittwer pfeift mit seiner Trillerpfeife. Die fünf Athlet:innen beschleunigen, fellen auf, fellen ab, befestigen die Ski am Rucksack und nehmen sie in Rekordzeit wieder ab. Einen Sprint am Samstag und ein Mixed Relay am Sonntag hat der Weltverband ISMF für diese Weltcup-Station in Spanien geplant. Mit Tatjana Paller, Sophia Wessling, Finn Hösch, Seppi Pelzer und Felix Gramelsberger stehen daher die sprintstarken Skibergsteiger:innen im Aufgebot des Skimo Team Germany.

Skibergsteigen und die Olympischen Spiele

Die Aufnahme in das olympische Programm für die Spiele 2026 in Mailand und Cortina war für das Wettkampf-Skibergsteigen ein lang ersehnter Traum. Die romantische Vorstellung von Wettkämpfen in hochalpiner Umgebung, von Abfahrten durch steile Rinnen und Tragepassagen entlang ausgesetzter Grate - sie musste den Notwendigkeiten des IOC weichen. Geblieben sind die Formate Sprint und Mixed Relay. Zuschauerfreundlich und kurzweilig sollte es sein, das olympische Skibergsteigen.

Die Disziplinen bei Olympia

Sprint: Spitzkehren, Tragepassage, Abfahrt und maximal 100 Höhenmeter pro Runde. Die Kernelemente des Skibergsteigens komprimiert auf eine Laufzeit von drei Minuten. Nach einer Qualifikation geht es für die besten 30 Athlet:innen in die Finalläufe. Zu sechst gegeneinander, die beiden Schnellsten ziehen in die nächste Runde ein.

Die Disziplinen bei Olympia

Mixed Relay: Im Vergleich zum Sprint beinhaltet der Kurs einen Aufstieg mehr und liegt bei 150 Höhenmetern pro Runde. Ein Team besteht aus einer Athletin und einem Athleten der gleichen Nation. Für beide steht auch hier zuerst eine Qualifikationsrunde an. Diese wird getrennt voneinander gelaufen. Die Zeiten werden im Anschluss addiert, die besten 12 Duos schaffen den Sprung in das A-Finale, laufen jeweils zwei Runden und kämpfen um Medaillen.

Zurück vom Training steht beim Weltcup in Spanien jetzt Regeneration an. Während Max Wittwer, der auch ausgebildeter Physiotherapeut ist, den müden Körpern der Athlet:innen ein Wohlfühlprogramm verpasst, schenkt Servicemann Jakob dem Material seine volle Aufmerksamkeit. Wachs tropft in der Nachmittagssonne hinter dem Hotel auf die Ski und Felle. Ja, auch die Felle werden hier gewachst; die Balance zwischen Gleiteigenschaft und Grip ist eine Wissenschaft. Ein Arsenal von bis zu 15 Paar Fellen steht pro Athlet:in zur Verfügung. Der Bundestrainer nimmt am Abend an der offiziellen Mannschaftsführersitzung teil. Im Anschluss schwört er beim teaminternen Briefing seine Athlet:innen auf den bevorstehenden Sprint-Wettkampf ein. Zeitplan, Startnummern, Taktik, logistische Fragen - und dann endlich Abendessen.

Der Renntag beginnt vor Sonnenaufgang: 7:15 Uhr Abfahrt am Hotel. Das erste Licht auf den schneebedeckten Gipfeln der Pyrenäen weckt langsam die Lebensgeister. Noch ist es kalt und schattig im Skigebiet Boi Taüll. Eine steile, eisige Piste direkt an der Talstation des Skigebiets dient als Wettbewerbsareal des ISMF Skimountaineering Worldcup. Trassierbänder markieren den Bereich der Spitzkehren, auch Diamanten genannt. Weiter oben folgt mit einer riesigen, in den harten Schnee geschlagenen Treppe die Tragepassage. Die Abfahrt hinunter zum Ziel ist im Stile eines Riesentorlaufes mit roten und blauen Toren markiert.

Die Lifte stehen noch still am frühen Morgen, Skibergsteiger:innen aus 13 Nationen wuseln aber bereits nervös die Pisten auf und ab. Die Sportler:innen testen ihre Felle und bringen sich mit Sprints und Aufwärmübungen auf Betriebstemperatur. 15 Minuten offizielle Streckenbesichtigung, kurze Besprechung der Verhältnisse, die Wärmeklamotten im deutschen Eck der Team-Area deponiert und los geht’s mit der Quali. Während Sonne und Zuschauer noch auf sich warten lassen, kämpfen die weltbesten Skibergsteiger:innen bereits keuchend um den Einzug in die Finalläufe. Tatjana Paller, Sophia Wessling und Finn Hösch sprinten unter die besten 30.

Zu den Finalläufen zeigen sich dann endlich auch Sonne und Zuschauer. Max Wittwer steht mit Ersatzstöcken am Übergang von Spitzkehren zur Tragepassage; lautstark treibt er seine Athlet:innen zu Höchstleistungen an. Finn Hösch und Sophia Wessling scheitern im Viertelfinale. Besonders knapp war es für Finn. Der Münchner spielt seine Qualitäten in der Abfahrt voll aus, macht Plätze gut, muss aber im hart umkämpften Zielsprint eine Zeitstrafe in Kauf nehmen. Für Tatjana Paller geht es an diesem Tag bis ins Halbfinale. Die Olympia-Hoffnung des Deutschen Alpenvereins unterstreicht ihre konstanten Leistungen in dieser Saison und holt mit Platz 7 ein weiteres Top 10 Ergebnis.

Der Sonntag steht im Zeichen des Mixed Relay. Als Nominierungsgrundlage für die Zusammenstellung der Teams zieht der Bundestrainer die Ergebnisse des Sprints heran. Tatjana Paller und Finn Hösch sowie Sophia Wessling und Felix Gramelsberger repräsentieren die deutschen Fahnen. Mit ihren Zeiten aus der Quali steht das Duo Paller/ Hösch im A-Finale, Sophia Wessling und Felix Gramelsberger starten im kleinen Finale, dem B-Finale.

Als letzter Akt des Weltcup-Wochenendes in Boi Taüll fällt der Startschuss zum Finallauf des Mixed Relay. Die Sonnenterasse der Talstation ist jetzt prall gefüllt, der Duft von Pommes und Bier liegt in der Luft. Unter Beobachtung der erstaunten, aber durchaus beeindruckten Skitouristen kämpft die Elite des internationalen Skibergsteigens um nicht weniger als einen Weltcup-Sieg. Im steilen Hang unterhalb des Sesselliftes ist es am Ende das Team aus Italien, das sich nach vier Runden die Goldmedaille sichert.

Finn Hösch überquert völlig ausgepumpt als Siebter die Ziellinie. Seine Staffel-Partnerin Tatjana Paller erwartet ihn bereits. „Eine solide Leistung!“, resümieren die beiden. Eine Leistung, mit der die Qualifikation für das große Ziel Olympia ein mehr als realistisches Szenario ist.

Sobald die „Il Canto degli Italiani“, die beschwingte Nationalhymne Italiens, bei der Siegerehrung verstummt, wird dem Zielbogen der Stecker gezogen. Die Mannschaften beladen ihre Fahrzeuge, die Karawane des ISMF Skimountaineering Worldcup zieht weiter. Es geht zurück in die Alpen, wo im schweizerischen Villars-sur-Ollon der nächste Weltcup bevorsteht. Auch Max Wittwer reist mit seinen Athlet:innen in die Schweiz. Auch dort wird eine steile Spur in einem steilen Hang die Skibergsteiger:innen auf ihrem Weg zu Olympia herausfordern.

SKIMO TEAM GERMANY

DEUTSCHE NATIONALMANNSCHAFT SKIBERGSTEIGEN (DAV)

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